Hochkonjunktur in den Bundesländern bremst sich ein

05.12.2022

Regionale Konjunkturentwicklung im II. Quartal 2022

Die regionalen Konjunkturindikatoren für den Sommer 2022 zeigten eine kräftige wirtschaftliche Dynamik in allen Bundesländern, was sich vor allem in hohen Zuwächsen in der Beschäftigung sowie Rückgängen in der Arbeitslosigkeit äußerte. Im weiteren Verlauf ist jedoch eine deutliche Eintrübung der Konjunktur zu erwarten.

Dynamische Sachgüterkonjunktur trifft auf verstärkten Preisauftrieb

Im II. Quartal 2022 zeigte die Konjunktur in der Warenproduktion einen nominellen Zuwachs in allen Bundesländern, zwischen +3% in Wien und +25% in Kärnten. Auch die Vorkrisenniveaus wurden in allen Bundesländern zum Teil deutlich übertroffen. Die hohen nominellen Zuwächse sind allerdings im Lichte zunehmender und wohl noch einige Zeit anhaltender Preissteigerungen zu betrachten. Die aktuelle WIFO-Schnellschätzung für das II. Quartal 2022 weist für die Industrie zwar einen realen Zuwachs von +1,8% aus, zahlreiche Indikatoren sowie rezente Unternehmensbefragungen lassen jedoch eine deutliche Eintrübung der zukünftigen Sachgüterkonjunktur erwarten.

Baukonjunktur verliert an Fahrt

Entgegen dem starken Jahresbeginn hat auch die Bauwirtschaft zuletzt markant an Fahrt verloren. Getrieben von massiven Baukostensteigerungen im Zuge des Ukraine-Kriegs entwickelten sich die realen Bauinvestitionen im II. Quartal 2022 bereits negativ. Das Beschäftigungswachstum im Bauwesen sank ebenfalls abrupt von 4,5% im I. Quartal, auf 1,1% bzw. 0,6% in den Folgequartalen. Die zukünftigen Konjunkturerwartungen in der Branche liegen in allen Bundesländern bereits im negativen Bereich, was für eine weitere Abschwächung der Baukonjunktur spricht.

Tourismusnachfrage im Sommer beinahe auf Vorkrisenniveau

Nach einem noch durch die Pandemie beeinträchtigten Winterhalbjahr (November 2021 bis April 2022) setzte mit Beginn der Sommersaison im Mai 2022 ein kräftiger Aufwärtstrend ein. Bis September 2022 lag die Zahl der Nächtigungen damit nur noch um 1,3% unter dem Vergleichsniveau des Jahres 2019. Dabei gingen von der Binnennachfrage einmal mehr kräftige Impulse aus: Mit 21,4 Mio. Nächtigungen von Mai bis September 2022 wurde ein neuer Höchstwert erzielt (+4,3% gegenüber 2019). Auch die Nachfrage internationaler Gäste erholte sich in diesem Zeitraum deutlich und kam bis auf 3,6% an den Vorkrisenwert heran. Diese positive Entwicklung war quer über alle Bundesländer zu beobachten, allein im Wiener Städtetourismus fehlten von Mai bis September 2022 noch 17,9% der Nächtigungen von 2019, was auch auf das benachbarte Niederösterreich ausstrahlte – hier betrug der Abstand zum Vorkrisenniveau noch 10%. Im gesamten Kalenderjahr 2022 dürfte die Nächtigungsnachfrage in Österreich laut aktuellen Einschätzungen des WIFO noch gut ein Zehntel geringer ausfallen als 2019.
 

Beschäftigungszuwächse trotz unternehmerischer Unsicherheit

Die unselbständigen Beschäftigungsverhältnisse in Österreich wurden trotz steigender unternehmerischer Unsicherheit ausgeweitet. Im Jahresverlauf ist jedoch auch auf den Arbeitsmärkten eine deutliche Abschwächung der Wachstumsdynamik zu erkennen. In der regionalen Betrachtung verteilt sich dieser Anstieg zuletzt mit weiterhin relativ geringer Spreizung über die Bundesländer. Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten ging die Zahl der Arbeitslosen zuletzt deutlich zurück; die Arbeitslosenquote sank in allen Bundesländern.
 

Publikationen

Die Wirtschaft in den Bundesländern, 2022, 2022, (2), 70 Seiten
Online seit: 29.11.2022 0:00
 
Im Sommer 2022 erfuhr die wirtschaftliche Konjunktur in Österreich kräftige wirtschaftliche Impulse, welche auf einer breiten sektoralen Basis beruhten. Zum Teil basiert die kräftige Konjunktur auf Aufholeffekten infolge der massiven konjunkturellen Verwerfungen in der COVID-19-Pandemie. Dies trifft insbesondere auf den Tourismusbereich zu, wo sich die Anzahl der Nächtigungen im Sommer 2022 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelte. Das Vorkrisenniveau in Österreich ist hier insgesamt jedoch noch nicht ganz erreicht. Am aktuellen Rand ist jedoch eine deutliche Abschwächung der Konjunktur zu erkennen.
Rückfragen an

Philipp Piribauer, PhD

Forschungsgruppe: Regionalökonomie und räumliche Analyse
© Paul Keiffer/Unsplash
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