Wechselkurs- und Geldpolitik. Zu Hans Seidel, Wirtschaft und Wirtschaftspolitik in der Kreisky-Ära

Anders als die Strukturpolitik war die Geld- und Wechselkurspolitik der Kreisky-Ära innovativ, wie Hans Seidel in seinem posthum erschienenen Buch "Wirtschaft und Wirtschaftspolitik in der Kreisky-Ära" ausführt. Die Geldpolitik, die zuvor infolge der nachkriegsbedingten Schwäche des Kreditwesens und der mangelnden Liberalisierung primär binnenorientiert gewesen war, musste auf die außenwirtschaftlichen Herausforderungen reagieren und ihre Grenzen erkennen. Dem Inflationsschub der Erdölpreiskrisen wurde erfolgreich mit Einkommenspolitik begegnet. Der schrittweise Übergang der Wechselkurspolitik zur Hartwährungspolitik bedeutete eine Kausalitätsumkehr: Der Wechselkurs sollte nicht eine binnenwirtschaftlich bestimmte Preisstabilität herbeiführen, sondern der heimischen Wirtschaftspolitik einen Stabilitätskurs vorgeben; relative Preisstabilität wurde nicht mehr dadurch erreicht, dass die Sozialpartner vernünftig waren, sondern dass ihnen eine glaubhafte Schranke gesetzt wurde.